FRAUEN FINDEN:
Unternehmen setzen auf Headhunter, um mehr Vielfalt in die Vorstände zu bringen

AllBright Bericht Juni 2023

 
 
 

Der Kampf um die besten Köpfe für die deutschen Unternehmensführungen ist in vollem Gange. Das gilt besonders für weibliche Top-Führungskräfte, die dort noch immer stark unterrepräsentiert sind. Wer nicht genug Managerinnen im eigenen Unternehmen gefördert hat, versucht, über Headhunter Frauen bei der Konkurrenz zu finden: 63 Prozent der heutigen weiblichen Vorstandsmitglieder in DAX, MDAX und SDAX haben nicht im eigenen Unternehmen Karriere gemacht, sondern wurden extern für den Vorstand oder die Ebene darunter rekrutiert. Pressetext

 
 
 

UNTERNEHMEN FINDEN FRAUEN HÄUFIGER ÜBER HEADHUNTER ALS IN DER EIGENEN »PIPELINE«

 
 

In jedem Jahr werden 15–20 Prozent der Vorstandsposten in den 160 DAX-, MDAX- und SDAX-Unternehmen neu besetzt, das betrifft etwa 100 Personen. Es gibt also viel Gelegenheit, die Zusammensetzung der Vorstände laufend zu modernisieren. Sie wird gerade verstärkt genutzt, um den noch sehr geringen Frauenanteil zu erhöhen.

Während die männlichen Vorstände vor allem als »Eigen­gewächse« in ihrem Unternehmen an die Spitze befördert werden, werden fast zwei Drittel (63%) der Vorständ­innen extern von Personalberatungen in anderen Unter­ nehmen gefunden.

 

DER FRAUENANTEIL BEI DEN EXTERN REKRUTIERTEN VORSTANDSMITGLIEDERN IST IN DEN LETZTEN 5 JAHREN STARK GESTIEGEN

Um den Frauenanteil zu erhöhen, wird stark auf externe Rekrutierung gesetzt: Für die externe Besetzung von Vorstandsposten wurden im vergangenen Jahr fast ebenso viele Frauen wie Männer gefunden (46 Prozent), vor 5 Jahren waren es noch 14 Prozent Frauen. Auch für die Ebene unterhalb des Vorstands werden inzwi­schen verstärkt externe Frauen gesucht, um den eigenen Pool mit weiblichen Führungskräften aufzufüllen.

Die Rolle der Personalberatungen bei der Erhöhung des Frauenanteils im deutschen Top­-Management hat damit an Bedeutung gewonnen.

 
 

FRAUEN WERDEN HÄUFIGER IM AUSLAND GEFUNDEN ALS MÄNNER

Da es noch immer sehr wenige Frauen in den Vorständen der 160 Unternehmen in DAX, MDAX und SDAX gibt, werden verhältnismäßig wenige wechselbereite Frauen in diesen Vorständen gefunden. Die Hälfte der Vor­ ständinnen wird zurzeit in ausländischen Unternehmen gefunden, in denen bereits mehr Frauen auf der Top­Ebene zur Verfügung stehen als in deutschen. Teils machen die Managerinnen im Ausland Karriere, teils in ausländischen Unternehmen in Deutschland und werden dann in die Vorstände der deutschen Unternehmen geholt.

Eine weitere bedeutende Quelle für Vorständinnen ist die Ebene unter dem Vorstand in den 40 großen DAX­ Konzernen, wo die »Pipelines« mit weiblichen Führungs­ kräften schon seit einigen Jahren systematischer gepflegt werden als in den meisten anderen deutschen Unterneh­men.

 
 

EXTERN REKRUTIERTE FRAUEN BLEIBEN

Die Rekrutierung externer Frauen ist nicht riskanter als die Rekrutierung externer Männer, sondern verläuft meist sogar erfolgreicher für die Unternehmen. Im Verhältnis haben weniger Frauen als Männer, die in den vergangenen 5 Jahren extern in die Vorstände geholt wurden, die Unternehmensführung bereits wieder verlassen. Mögliche Erklärungen dafür sind, dass sie vor der Einstellung genauer durchleuchtet werden, anpassungsfähiger sind – oder die Unternehmen sich mehr Mühe geben, sie nicht zu verlieren.

 
 

DIE PERSONALBERATUNGEN

Die wichtigsten Akteure für die Vermittlung von Führungskräften für die Vorstände der 160 Börsen- unternehmen in Deutschland sind die fünf weltweit größten internationalen Personalberatungen: Neben dem schweizerischen Unternehmen Egon Zehnder, dem mit Abstand größten Akteur, dominieren vier US-amerikanische Beratungen den deutschen Markt:

Egon Zehnder, Heidrick & Struggles, Korn Ferry, Russell Reynolds Associates und Spencer Stuart.

Die Personalberatungen unterstützen Unternehmen nicht nur bei der Personalauswahl, sondern auch im Bereich Führungskultur. Um das glaubhaft und nachhaltig tun zu können, müssen sie zum einen ihre Expertise für Gender Diversity in der Führung im eigenen Unter­nehmen unter Beweis stellen. Und zum anderen ein diverses Team von Beratenden aufbauen, das in diesem stark vertrauensgeprägten Markt überhaupt ein vielfälti­ges Netzwerk bedienen kann.

Derzeit sind die deutschen Geschäftsführungen der fünf größten Personalberatungen rein männlich besetzt.

 

HOCHGEBILDET, DEUTSCH UND HÄUFIG ADLIG: DIE BERATERINNEN UND BERATER

Beim Thema Gender Diversity sind die fünf großen internationalen Beratungen mit einem Beraterinnenanteil von 37 Prozent in Deutschland immerhin schon etwas besser aufgestellt als die meisten Führungsetagen der Unternehmen, die sich von ihnen beraten lassen. Bei Diversitätsdimensionen, die darüber hinausgehen, gibt es allerdings noch deutlichen Aufholbedarf: die Headhunter haben einen sehr homogenen Hintergrund.

 
 
 

Wiebke Ankersen und Christian Berg, CEOS AllBright Stiftung

KOMMENTAR DER ALLBRIGHT-GESCHÄFTSFÜHRUNG:

HEADHUNTER KÖNNEN HELFEN, FRAUEN ZU FINDEN - AM ENDE MÜSSEN DIE UNTERNEHMEN SELBST MEHR FRAUEN IN FÜHRUNG BRINGEN

Der Kampf um die besten Köpfe für die deutschen Unternehmensführungen ist in vollem Gange. Das gilt besonders für weibliche Top-Führungskräfte, die dort noch immer stark unterrepräsentiert sind: Wer nicht genug Managerinnen im eigenen Unternehmen gefördert hat, versucht, über Headhunter Frauen bei der Konkurrenz zu finden. 63 Prozent der heutigen weiblichen Vorstandsmitglieder haben nicht im eigenen Unternehmen Karriere gemacht, sondern wurden extern für den Vorstand oder die Ebene darunter rekrutiert; so hat die Bedeutung der Personalberatungen für die Erhöhung des Frauenanteils in den Unternehmensführungen stark zugenommen.

Die externe Besetzung von Vorstandspositionen in den großen Börsenunternehmen wird in Deutschland stark von den fünf weltweit größten Personalberatungen dominiert. Mit Egon Zehnder, Heidrick & Struggles, Korn Ferry, Russell Reynolds Associates und Spencer Stuart tragen sie nicht nur die Namen ihrer männlichen Gründer, sie sind hierzulande bis heute noch sehr männlich geprägt und
von Männern geführt.

Diese Headhunter stellen derzeit selbst verstärkt Frauen als Beraterinnen ein, um über deren weiblichere Netz­ werke die Nachfrage der Unternehmen nach weiblichen Top­Führungskräften besser bedienen zu können. Und tatsächlich sind sie inzwischen erfolgreicher, wenn es darum geht, Vorständinnen für die Börsenunternehmen zu finden: vor fünf Jahren betrug der Frauenanteil unter den von Headhuntern vermittelten neuen Vorstandsmitgliedern in DAX, MDAX und SDAX noch 14 Prozent, im Zeitraum Januar 2022 bis März 2023 waren es bereits 46 Prozent.

Um die Unternehmen glaubhaft und nachhaltig zu einer ausgewogenen Besetzung des obersten Führungsteams und in Führungsfragen beraten zu können, müssen die Personal­ beratungen allerdings ihren Auftraggebern einen Schritt voraus sein. Sie müssen Diversität in der Führung und eine inklusive Führungskultur auch selbst erfolgreich umsetzen und vorleben. Für sie kommt es jetzt darauf an, Frauen tatsächlich konsequent bis in die eigene Geschäfts­ führung zu befördern.

Headhunter entdecken weibliche Talente auch da, wo Unternehmen ihr Potential offenbar nicht erkennen, und vermitteln sie in andere Unternehmen, in denen sie dann ihre Karriere fortsetzen. Aber das kann nur ein Teil der Lösung sein, wenn es darum geht, den Frauenanteil in den Unternehmensführungen deutlich und nachhaltig zu erhöhen.

Wenn wir Parität nicht nur bei den externen Besetzungen, sondern auch bei den internen Beförderungen bis in
die Unternehmensführung erreichen wollen, müssen die Unternehmen selbst systematisch einen viel größeren Pool an weiblichen Führungskräften auf allen Ebenen aufbauen, daran führt kein Weg vorbei.

Es wird genug Frauen für alle Hierarchieebenen inklusive der Vorstände geben, wenn die Bedingungen so sind, dass Frauen dort gerne führen wollen.